So, ich habe das Buch durch (und ärgere mich jetzt schon, dass ich ab morgen meine Bahnfahrten zur Arbeit wieder ohne Phileasson & Konsorten verbringen muss!) - hier nun ein paar Gedanken zum Buch (ungeordnet und sehr unvollständig, also bitte keine kohärente Rezension erwarten). Ich werde (Buch-)Spoiler nicht markieren, da ich mal davon ausgehe, dass jeder, der den Diskussionsthread anklickt, das Buch entweder gelesen hat oder spoilerimmun ist.
Alles im allen hat mir die Reise mit Phileasson und Beorn wieder sehr viel Spaß gemacht - ich war allerdings weniger begeistert als vom
Himmelsturm, der mein bisheriges Highlight der Reihe ist. Insofern habe ich ein paar Kritikpunkte, allem voran sicherlich den Überschuss an (plattem) Sex oder sexualisierten Szenen. Das weckt in mir zwar nostalgische Erinnerungen an die DSA-Romane der "guten, alten Zeit", war aber damals als Teenager irgendwie toller
. Insbesondere habe ich mit Pardonas Darstellung meine Schwierigkeiten - sie tritt ja gefühlt kaum auf, ohne dass die Szene ins Sexuelle abdriftet (nicht nur im Umgang mit Beorn; auch in ihrer Hintergrundgeschichte tauchen all diese für mich unpassenden Details auf, wie die Tatsache, dass sie sich von Dämonen hat schwängern lassen). Nun ist Pardona sicherlich ein komplexer und äußerst mysteriöser Charakter, und der Aspekt der Verführerin ist auch untrennbar mit ihr verbunden - die Darstellung im Buch beschränkt sich für meinen Geschmack aber zu sehr darauf; unterm Strich ist es einfach nicht "meine" Pardona. Letzteres kann man den Autoren wohl kaum vorwerfen - selbst zwischen verschiedenen Rollenspielgruppen, die die Kampagne spielen, schwankt ihr Charakter ja sehr, bis hin zum Extrem, dass sie in einigen Gruppen gar nicht erst mitreist, da das als nicht angemessen für eine (selbsternannte) Göttin angesehen wird. Trotzdem ist mir ihre Darstellung mehrmal unangenehm aufgestoßen. (Der Rollentausch mit Lenya hingegen ist meiner Meinung nach gut umgesetzt, auch wenn man sich bei ihrem Verhalten als vermeintliche Geweihte manchmal fragt, wie lange es noch dauern mag, bis Beorns gesamte Ottajasko durchschaut hat, dass etwas nicht stimmt, und dann abgemurkst und durch "Söldner und Abenteuer" (wie sie sich ausdrückt) ersetzt wird
).
Dafür fühle ich mich aber nach wie vor mit so gut wie allen anderen Altbekannten gleich wie zu Hause und freue mich immer wieder wie ein Schneekönig (ein Winterbold?), wenn Ohm eine Saga vorträgt (man hat unsere Wünsche erhört und er singt jetzt häufiger
!) oder Phileasson wieder mal (für mich) einfach so perfekt getroffen ist, dass mir ein "Das wohl!" herausrutscht. Und Beorn wird hier nun durch den Konflikt mit Pardona so vielschichtig, wie ich ihn mir gewünscht hätte (auch wenn er viel Zeit damit verbringt, Pardona hinterherzuhecheln).
Crottets Darstellung und Motivation gefallen mir sehr gut, in meiner Gruppe war er leider immer etwas blass - für die anderen, neu hinzugekommenen Nivesen (vielleicht mit Ausnahme von Nirka) hätte ich mir aber mehr Screentime gewünscht. Ich glaube nicht, dass man nur mit Kenntnis des Romans z.B. genug Verbindung zu Phanta aufbaut, um dann nach ihrem Einbruch in Norburg wirklich mit ihr mitzufiebern. Da sind wir als Kenner der Kampagne natürlich im Vorteil
.
Die wirklich schwierig umzusetzende Begegnung mit Niamh fand ich klasse, und sie hat in mir wohlige Erinnerungen an die Gesichter meiner Spieler geweckt, die damals von diesem unerwarteten Abdriften in die Welt der Hochelfen völlig überrumpelt und verzaubert waren. Und ja, die Szene im Buch gelingt meiner Meinung nach u.a. aus dem Grund, dass eine emotional komplexe, mächtige und wunderschöne Hochelfe mal ganz ohne Sexualisierung auftritt
.
Grundsätzlich fällt auf, dass das Erzähltempo des Romans ein wenig schwankt - am Anfang geht es sowohl auf Phileassons Seite als auch in Beorns Gefangenschaft noch recht gemütlich zur Sache, gegen Ende nimmt das Buch aber immer mehr Fahrt auf und hat mich dann auch bis zum (absolut großartigen!) Ende so richtig gepackt. Und man muss wirklich mal würdigen, wie gut es die beiden Autoren verstehen, alle drei bisherigen Bände mit einem grandiosen Schlussakkord zu beenden. Stilistisch ist der Roman (gewohnterweise, darf man mittlerweile wohl schon sagen) wunderbar aus einem Guss; ich könnte, wenn die beiden diesbezüglich nichts verraten hätten, nicht sagen, wer welche Teile schreibt.
Natürlich muss ich zu guter Letzt noch ein paar Unterschiede und Verbindungen zur Kampagne kommentieren - das nun doch mal mit Spoiler-Markierung, da es auch um Details der Kampagne (und evtl. der weiteren Romane) geht:
Die Totenmoor-Episode war eine sehr willkommene Ergänzung, und insbesondere die Suche nach den Armreifen ist natürlich für Kenner der Kampagne (in der Neuauflage) ein nettes Schmankerl: Dort wird ja (relativ am Rande) erwähnt, dass Pardona Beorn ins Totenmoor schickt, um dort u.a. die Mandranna-Armreife zu bergen. Diese funktionieren als eine Art "Astralleitung", womit dann Pardona Belasca beim Zaubern unbemerkt unter die Arme greift - ein etwas umständliches Konstrukt; die Variante im Roman, dass die Reife als Tarnung für Pardona fungieren, gefällt mir besser. Ich bin gespannt, was diesbezüglich noch ans Tageslicht kommt...
Im Gegensatz zur Kampagne begleiten ja Hern'Sen und Nirka Phileasson auf dem weiteren Weg - eine sehr elegante Lösung, sowohl um später Hintergrundinformationen über den (im 3. Band bereits erwähnten) Erm Sen einzuflechten, als auch für die Wolfthematik der 4. Queste. Ich hatte ja nach dem Prolog der Wölfin erwartet, dass vielleicht in diesem Band schon Wulfen vorkommen oder erwähnt werden, aber dem war wohl nicht so. In diesem Kontext bleibt zu hoffen, dass Nirkas Mutter Winja nochmal auftritt - die kurze Begegnung der beiden in Norburg war ja nach dem Build-Up im Prolog noch etwas unbefriedigend.
Das Sternenmal Salarins wird wieder thematisiert - nach den Ereignissen im Himmelsturm (wo er wie ein Berserker kämpft und Phileasson als König anspricht) war ja die naheliegendste These, dass Salarin die Reinkarnation Adernaths ist und dann später auf den Inseln im Nebel im Kessel "wiedererweckt" wird. Im Gespräch mit Niamh ist von Adernath die Rede, sie erkennt ihn aber nicht - Salarin hat allerdings das Gefühl, sie "neulich gesehen" zu haben. Also ist es vielleicht doch nicht so einfach? Was meint ihr?
Und wo wir schon dabei sind, Theorien zu spinnen: Was denkt ihr, wann wir Eichward vom Stein wieder sehen? Erst im Showdown unter Pardonas Kämpfern, oder schon vorher? Im dritten Band war ihm ja selbst im Himmelsturm kein Auftritt vergönnt.